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Bernhards Kurzurlaub Berlin

 

Weihnachten waren wir zuhause und haben in Familie gemacht, mal mit Angelikas Sohn Thomas, dann mit meinen Eltern zusammen mit meinen Söhnen (wir hatten eigentlich nur die Eltern eingeladen, plötzlich waren wir 10 Personen am Tisch, weil mein Neffe Johannes aus Magdeburg auch noch mit Frau dazukam), danach fuhren wir nach Berlin zu Angelikas Tochter Daniela (Danny). Wir haben beim Jahreswechsel mit dazu beigetragen, dass da eine Million (angeblich) rund ums Brandenburger Tor feierte.

 

Ich war ja davor erst einmal in Berlin: Vor der Wende hatten wir einen Kegelausflug dorthin. Mein Eindruck von damals war: provinziell und ganz den 50'ern verhaftet. Den musste ich jetzt revidieren: Berlin ist eine nicht nur riesige, sondern auch sehr schöne Stadt geworden, die durchaus wieder etwas weltoffenes und weltmännisches hat. Es hat mir schon sehr gefallen, wenn wir auch die Woche außerhalb wohnten aber fast täglich hinein fuhren.

 

Erstaunlich ist für mich auch das Interesse der Ossis (Angelika und ihre Tochter Daniela stammen ja aus Wernigerode, sind dort kurz vor der Wende abgehauen) für die Nachkriegsgeschichte. Angelika war es sehr wichtig, das Museum zum Checkpoint Charlie zu sehen, was mich hingegen weniger interessierte, weil ich die Schrecknisse der Mauer von nah erlebt habe: Während meines Studiums in Clausthal-Zellerfeld war ja die Grenze nebenan, man hörte und sah regelmäßig den Osten per Radio und auch per Fernsehen. Man sah und hörte immer wieder Gropiusbau von außenvon Fluchtversuchen.

 

Man sieht übrigens kaum mehr was von der Mauer: Wir waren u. a. im Gropius-Bau, der direkt an der Mauer stand. Daneben kann man die Kellerruinen des Reichssicherheitshauptamtes, also des Sitzes der SS besichtigen, in denen eine interessante Bilddokumentation steht. Klar, die Bilder hat man irgendwo schon mal gesehen, aber auf diesem Schutthügel zu stehen, ist schon sehr beeindruckend.  

 

Übrigens: Im Gropius-Bau war die Ausstellung "Archäologie in Deutschland", die ausgesprochen gut gemacht ist. Aber wie immer: zu viele Eindrücke, man kann gar nicht alles in sich aufnehmen! Immerhin, sogar aus Kappel am Rhein und Ihringen am Kaiserstuhl - also gleich hier um die Ecke - gab es keltische Exponate. Ist schon eine sehr geschichtsträchtige Gegend, in der wir hier wohnen! Schade, über die Römer, - wir sind ja hier westlich des Limes, also auf römischer Seite - war nicht ganz so viel zu sehen, da hätte ich eher Bezüge zu unserer Region vermutet. War aber nicht.

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Siegessäule ganzAls wir am Bahnhof Zoo abgeholt wurden, fuhren wir ganz zufällig am Bundesverwaltungsgericht vorbei Das ist zwar inzwischen in Leipzig, aber das hat mich daran erinnert, dass mein Cousin Eckart Hien dort gerade Luftbild von KreuzbergPräsident geworden war. Was Berlin natürlich bleiben lässt, sind die relativ wenigen Hochhäuser und die vielen Parks. Das ist schon was Besonderes, wenn man aus anderen Großstädten Hochhausschluchten als Innenstadt kennt. Berlin hat halt was Gemütliches bewahrt, trotz der dort herrschenden Hektik. Mich jedenfalls stört's nicht, dass man kein klar umgrenztes Stadtzentrum, wie z.B. in München hat. Klar gibt's Berlin-Mitte, aber das ist eher ein Sammelsurium von Zentren. Na ja, es tut sich immer noch sehr viel in Berlin, und wenn man wieder mal hin kommt, wird das ganz anders aussehen. Den Ku-Damm habe ich auch kaum mehr wieder erkannt!

 

Aus einer E-Mail an meine Schulfreundin Romy:

ReichstagIch hab jetzt endlich rausbekommen, was es mit Berlin auf sich hat und was es so besonders macht:Sony-Center, Kuppel

 

Meine Kindergartenfreundin von der Ecke gegenüber besaß einen Steinbaukasten. Dieser Steinbaukasten hatte es mir angetan: es gab nichts Schöneres! Da konnte man nach Herzenslust bauen und die wildesten Fassaden entwerfen!

 

Als ich jetzt wieder am Parlament, dem Reichstag war, kam mir dieser Steinbaukasten wieder in den Sinn: Genauso, wie dort, hatte wohl Wilhelm II seine Architekten wahllos Fassaden entwerfen lassen. Die sollten seinem Volk Macht und Größe demonstrieren, auch wenn sie – selbst baulich – völlig sinnlos waren.

So erscheinen alle Bauten ungemein wichtig, wenn aber der Putz bröckelt, sieht man hinter der Fassade: Nix wie ein Haufen Ziegelsteine!

 

Na ja, sonst aber war’s nett in Berlin. Angelikas Tochter hat ‚ne hübsche Wohnung in einer renovierten Platte (= ehemaliger DDR-Plattebau)

 

Ergänzung: Das mit dem Reichtagsgebäude wurde ja noch auf die Spitze getrieben: Der Eingang des Gebäudes schaut nicht zum Zentrum von Berlin (mit dem Königspalast), sondern auf die andere Seite. Ich deute das so: der Kaiser wollte von dieser Volksvertretung möglichst wenig sehen und wohl auch nichts damit zu tun haben.

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Völlig unerwartet hat mich Potsdam getroffen, wohin wir einen Nachmittagsausflug machten: Das ist ja wirklich vor mindestens 100 Jahren stehen geblieben! Natürlich inzwischen ein Kleinod, das auf keinen Fall verstädtert werden darf! Aber doch irgendwo ungeheuer provinziell. An diesem Eindruck ändert auch nicht der holländische Stadtteil, der sich sehr wenig vom Rest dieser Reißbrettstadt unterscheidet. Sehr schade finde ich, dass man die Großzügigkeit, mit der diese Militärstadt einmal entworfen worden war, mit riesigen Aufmarschfeldern mitten in der Stadt, durch langsames Überbauen zuschaufelt.   Natürlich drängt sich der Vergleich mit Wien auf, wo der Hof einfach mitten in der Stadt steht und vom Leben umtost wird. Ein wenig vom Leben versucht man in Potsdam zwar hereinzuholen - genügend Touristen gäbs da ja - aber irgendwie gelingt das nicht so richtig. Preußen ist halt nicht Österreich, und ich denke, auch meine hiesige Umgebung, die ja vor 150 Jahren mal "Vorderösterreich" war, hat eher etwas von den Wienern als von den Preußen. Gut so!

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SeitenanfangSeite erstellt von Bernhard Rawer